Gott zwischen Pixeln

14.09.2025
Foto von Rapha Wilde von Unsplash
Foto von Rapha Wilde von Unsplash

Immer mehr Menschen suchen Spiritualität auch im digitalen Raum oder leben hybride Formen. 

Was macht die Vernetzung mit Menschen und Religion? Und ist das Netz selbst etwas Spirituelles? Versuch einer Tiefenbohrung. Erschienen bei www.reflab.ch.

In meinem Blogbeitrag gehe ich drei Fragen nach: 

1. Gibt es (überhaupt) Spiritualität im Netz

2. Gibt es eine Spiritualität des Netzes

3. Welche Spiritualität brauchen wir im Netz?

Ich glaube, wir brauchen eine Spiritualität

  • die friedliche und liebevolle Energien verstärkt
  • die die Reizfülle unterbricht und Öffnungen schafft
  • die Sammlung ermöglicht und tief durchatmen lässt, auch und sogar im Netz
  • die an digitalen Lagerfeuern knistert und wärmt trotz technoider und weitgehend kommerzieller Netzwerkumgebungen
  • die interspirituell ist, also auf tiefe Weise inklusiv
  • die gemeinsam in Communities unterwegs sein lässt
  • die sich in neue empathische und ethische Formen ergiesst, darunter digitale Formen von Kirche
  • die dazu beiträgt, dass sich Menschen in einer Welt voller Krisen und Kriege nicht verloren fühlen
  • die verhindert, das Hypervernetzung in Einsamkeit mündet
  • die ermutigt, aus dem Passivsurfen zu aktiverer Lebensgestaltung zu gelangen
  • die einen anderen Geist als den dort vorherrschenden in die Netze bringt
  • die begreifen lässt, was Christ:insein heute bedeuten kann.

Inspirationen für meinen Blogbeitrag kommen u.a. von Jürgen Moltmanns «ökologischer Spiritualität» und von der Naturwissenschaftlerin und Theologin Ilia Delio («Künstliche Intelligenz braucht Religion», Chalice Verlag 2024) schliesst aktuell an Haraways feministischen Posthumanismus und an Teilhards Theologie des Zusammenströmens spiritueller Energien in der Noosphäre an.

Für die amerikanische Nonne schliesst «Interspiritualität» Technologien ein und steht im Dienst einer ökologischen Care-Ethik im kosmischen Massstab.

Posthumanismus ist für die Franziskanerin keineswegs «postreligiös», sondern im Gegenteil die Suche nach «neuer religiöser Tiefe» durch umfassendes Verbundensein («Relationaler Holismus»).

Jürgen Moltmann schrieb:

«Planetarische Solidarität und kosmische Spiritualität sind zu üben. Die kosmische Versöhnung und der kosmische Christus kehren zurück.»

Dorothee Sölle rückte in ihrem Schöpfungsbuch «Lieben und arbeiten», im selben Jahr erschienen wie Haraways «A Cyborg Manifesto», Gott nahe an die Welt heran: entgegen der «herrschende theologische Vorstellung von Gottes absolutem Anderssein».

Der Versuch einer Erdung. Mein spiritueller Lehrer Niklaus Brantschen sagt: «Wenn du es schaffst, den Himmel unter die Fingernägel zu bekommen, als Erde, als dreckige Erde, dann ist es gut».